Dienstag, 14. Juli 2009
Fragmente: gebrochene Teilstücke, ein Teilstück gebrochen
Man könnte jetzt natürlich vermuten, dass meine Angst, verlassen oder betrogen zu werden, ihren Ursprung in früheren Erfahrungen hat. Tatsächlich wurde ich nur zweimal betrogen (soweit ich davon erfahren habe).
Der eine, dessen Namen ich längst vergessen habe...ich war seine Erste und genau genommen kann ich mich an überhaupt nichts aus dieser "Beziehung" erinnern. Weder, wie lange sie ging, noch, wie er aussah, noch, was wir zusammen gemacht haben. Die einzigen bruchstückhaften Erinnerungen sind der Sex mit ihm, dass seine Mutter kurz danach reinkam und dass ich zu der Zeit tierisch erkältet war; die trockene Luft abends im Bus, das Zwielicht, draußen die Kälte und der Schneeregen - ich glaube, es war Februar; unser letztes Telefonat, in dem ich ihm das Geständnis abrang, dass er etwas mit einer aus seiner Klasse angefangen hätte (ironischerweise musste er sich - von den geschätzt 300000 Frauen in N genau die eine aussuchen, die schon T ihren Freund ausgespannt hatte - wie interessant das Leben doch spielt, man begegnet sich immer zweimal); und eine spätere Begegnung im Brown Sugar, die sehr nibulös ist - wollte er sich entschuldigen? Wollte er mich gar wieder zurück haben? Ich glaube, ich habe damals gar nicht zugehört, was er zu mir gesagt hat, ich habe ihn einfach nur gehasst und seine Gegenwart hat mich irgendwie erschüttert, nachdem das Ende ja telefonisch stattgefunden hatte.
Der andere...R. Ich weiß nicht, wie lange wir zu dem Zeitpunkt schon zusammen waren. Es dürften etwas weniger als drei Jahre gewesen sein. Ich hatte schon nach acht Monaten von ihm weg gewollt, aber es nicht geschafft. Danach ging es langsam wieder aufwärts, aber unsere immerwährenden zermürbenden Streitereien, seine krankhafte Eifersucht und sein Wille, alles in meinem Leben kontrollieren zu wollen, blieben. Ich tat das, was ich am besten kann: Ich zog mich innerlich vor ihm zurück, ich ließ ihn spüren, dass ich ihn nicht wollte - und er fand eine neue Quelle der Bestätigung in Form einer sehr seltsamen Frau. Sie studierte Jura, war drei Jahre älter und völlig neben der Spur.
Ich weiß nicht mehr, wie ich dazu kam, den Braten zu riechen. R. ging abends, nachdem er bei mir vor die Tür gesetzt worden war, eigentlich immer noch irgendwohin. Es mag sein, dass sie ihn angerufen hat, als er bei mir war. Ich weiß auch, dass er auf einmal sehr viel von ihr erzählt hat. Verkauft hat er sie mir ursprünglich als Freundin seines besten Freundes.
Eines Freitagabends war er plötzlich damit einverstanden, mir meine "Ruhe vor ihm" zu geben. Das machte mich stutzig. Das hatte er in all den drei Jahren nie getan und nun die Einsicht..? Als er gefahren war, rief ich seinen besten Freund, mit dem er angeblich etwas unternehmen wollte, an und behauptete, R.s Handy gehe nicht. Ob ich mit ihm sprechen könne. Nein, R. sei nicht da. Auf die Frage, ob er bei ihr sei, folgte betretenes Schweigen.
Ich rief R. an, fragte ihn, wo er sei, ob ich kurz mit seinem besten Freund sprechen könne. Und so flog alles auf.
Ich rannte wie wirr durch die Gegend, einfach nur weg von hier. Irgendwann meldeten sich meine Eltern, ich solle heimkommen, R. sei da und wolle mit mir sprechen. Irgendwo in diesem Gewirr von Erinnerungen steckt auch ein Telefonanruf mitten in der Nacht, wo diese Frau mir erzählte, R. hatte gefragt, ob er mitmachen könne, als sie gerade mit seinem besten Freund herumgemacht hätte. Viel Schmerz und Tränen - woher hatte sie meine Nummer? Wieso hat sie ihn verraten und dann wieder gedeckt? Oder war es umgekehrt? Die ganze Wahrheit habe ich nie erfahren.
Als ich daheim ankam, saß R. bei meinen Eltern auf dem Sofa und heulte, als sei er das Opfer. Ich wollte ihn umbringen, seine Fresse zerschlagen. Heute glaube ich zu wissen, dass er sich mies gefühlt hat, aber damals hat es mich unheimlich auf die Palme gebracht. Mein Vater hat mich gepackt und weggetragen, bevor ich auf R. einprügeln konnte.
Letztlich lief es auf "das Übliche" hinaus: Mein Vater plädierte auf In dubio pro reo und R. log mir wie immer das Blaue vom Himmel, bis ich ihm glauben wollte, es sei nichts gewesen. Irrwitzigerweise war genau das der Punkt, wo ich wieder Gefühle wie am ersten Tag für ihn entwickelte. Eine Woche war es sehr, sehr schön. Bis er am Wochenende einen Anruf von seinem besten Freund bekam. R. hatte mir versprochen, sie nicht mehr zu sehen. Dummerweise war sein Handy so laut, dass ich jedes Wort verstehen konnte. Er fragte, ob sie auch dabei sei, sein Freund sagte ja. R. tat so, als hätte er nein gesagt. Nach dem Telefonat fragte ich ihn, ob sie auch dabei sei. Er log mir eiskalt ins Gesicht. Und dann habe ich ihn tatsächlich geschlagen, ich habe mit den Fäusten auf ihn eingeprügelt und dann bin ich gegangen und habe ihn vor die Tür gesetzt. Ich weiß nicht, was mich letztlich dazu bewegt hat, noch weitere drei Monate mit ihm zusammen zu bleiben. Die Abhängigkeit.
Er ist der einzige meiner Exfreunde, dem ich nie wieder begegnen möchte.

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